COMPACT ist seit 14 Jahren am Markt und wird seit 2021 vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Weshalb brauchte das Bundesministerium des Innern und für Heimat so lange für das Verbot?

Von außen sieht das Verfahren wie eine spontane, aber spät getroffene Entscheidung aus. Vermutlich wurde schon vor vielen Monaten der Prozess in Gang gesetzt, Material zu sammeln und akribisch juristisch zu prüfen. Es ist durchaus denkbar, dass aus Sicht des Innenministeriums die Schwelle zur Verbotsvoraussetzung erst in diesem Jahr überschritten wurde, da gerade die Potenzialität der Verfassungsgefährdung sich immer weiter fortentwickelt hat.

Wie kann der Staat künftig zeitnaher reagieren auf weitere bzw. neue Publikationen, die Jürgen Elsäßer mit anderen – bestehenden oder neu zu gründenden – Gesellschaften, Vereinen oder Stiftungen verbreiten würde? Ist das COMPACT-Verbot nur dann nachhaltig, wenn weitere Verbote folgen?

Nachfolgeorganisation sind ja nach § 8 Vereinsgesetz verboten. Die Durchsetzung ist etwas einfacher, da lediglich die Feststellung getroffen werden muss, dass die neue Organisation eine Ersatzorganisation ist und nicht erst abgewartet werden muss, dass auch diese Organisation eine ernste Bedrohung darstellt. Ich bin nicht sicher, ob wir eine höhere Geschwindigkeit beim Verbot anderer Organisationen brauchen: Die Anforderungen sind sehr hoch und werden nicht von jedem anderen Unternehmen erfüllt, das die gleichen Inhalte verbreitet. Insofern muss für jede einzelne Organisation genau geprüft werden, ob das aggressive Vorgehen und die Gefahr des Gelingens wirklich bestehen. Es kommt dabei nicht nur auf die verfassungsfeindlichen Inhalte, sondern vor allem auf die Einflussmöglichkeiten an.

Wie geht es konkret juristisch weiter bis zur Bekanntmachung über die Unanfechtbarkeit des Vereinsverbots gegen Compact?

Zunächst ist das Verbot sofort vollziehbar und Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung. Schon jetzt können sich also Menschen strafbar machen, die das Verbot unterlaufen oder verbotene Kennzeichen verwenden. Ich vermute, dass viele den Staat dabei herausfordern werden, wenn sie im Protest die Kennzeichen von Compact verwenden. Ich gehe davon aus, dass eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht und hiernach auch eine Verfassungsbeschwerde eingelegt werden wird. Eilrechtsschutz ist denkbar, so dass wir eine umfassende Klärung erfahren werden.

Auffällig am Jahresabschluss 2021 der COMPACT-Magazin GmbH sind die hohen Geldbeträge in Höhe von €1.335.639,17 im Aktiva, die einen hohen Anteil am Umlaufvermögen der Bilanz darstellen. Woher kommt das Geld?

Die Bilanz wies sowohl hohe Gewinne als auch hohe Vermögenswerte aus. Es gibt in der staatsfeindlichen und rechtsradikalen Szene eine sehr hohe Spenden- und Zuwendungsbereitschaft. Besonders sichtbar wurde das auch in der Pandemie, wo Gallionsfiguren innerhalb weniger Wochen Millionenbeträge einwerben konnten. Das Geschäft mit der Empörung ist hochgradig lukrativ. Die angesprochenen Zielgruppen kaufen lieber Silbermedaillen zu überhöhten Preisen, als auf der Straße zu protestieren. Die Gesellschaft konnte das Geld noch gar nicht so schnell ausgeben, wie es verdient wurde.

Weshalb kann ein vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuftes Unternehmen wie die COMPACT-Magazin GmbH seine Konten bei der Sparkasse führen?

Sparkassen haben ja einen Auftrag zur Daseinsvorsorge und für manche Institute war es der einfacherer Weg, eine Kontoeröffnung zunächst zuzulassen als einen Rechtsstreit mit Compact zu führen. Für Banken sind solche Kunden spätestens mit einem Verbot ein unkalkulierbares Risiko, so dass dies eine Signalwirkung haben dürfte.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

RA Chan-jo Jun betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei für IT-Recht mit 24 Anwälten in Würzburg. Er ist Träger des FACTS HEROES Award 2022 des Goldenen Aluhuts. Auf X (früher Twitter) ist er aktiv mit dem Konto: @Anwalt_Jun

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