Nach Spenden für «Widerstand»: Kündigungen der COMPACT-Sparkassenkonten wirksam
Die ordentlichen Kündigungen von drei Geschäftskonten der COMPACT-Magazin GmbH durch die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) zum 30.04.2024 sind wirksam. Darauf einigten sich die Parteien nach einer beinahe vierstündigen mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Potsdam, die mehrmals unterbrochen wurde.
COMPACT führt seine Konten seit über 13 Jahren bei der Sparkasse, aber erst seit Februar 2024 gebe es laut Torsten Schuster, Rechtsanwalt der Sparkasse, ein erhöhtes Spendenaufkommen für die COMPACT-Veranstaltungsreihe «Die Blaue Welle rollt», die Wahlkämpfe der Alternative für Deutschland (AfD) unterstützt. Daß COMPACT zu AfD-Wahlkampfspenden auf ihre Sparkassenkonten aufruft, empfindet die Bank als rufschädigend und kündigte COMPACT sämtliche Geschäftskonten fristlos sowie hilfsweise fristgemäß.
«Die Spenden explodierten nach oben», sagt Schuster über die COMPACT-Spendenkampagne für die Bühne des «Widerstands», die AfD-Wahlkämpfe unterstützt, Björn Höcke zum Ministerpräsidenten von Thüringen und Jörg Urban zum Regierungschef von Sachsen machen will. Schuster, dem die Kontobewegungen anonymisiert vorliegen, bestätigte der Kammer den Eingang von ca. 375 Spenden seit Februar.
Über € 80.000 sammelte die COMPACT-Magazin GmbH nach eigenen Angaben für den «Widerstand». Die Sparkasse müsste laut Schuster weitere sieben Personen einstellen, um ihre allgemeinen Unternehmenssorgfaltspflichten gemäß § 10 Geldwäschegesetz (GwG) erfüllen zu können im Hinblick auf die Spendeneingänge (Ermittlung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten, falls der Vertragspartner für einen anderen handelt).
COMPACT-Verleger Jürgen Elsäßer argumentierte vor Gericht, daß COMPACT bereits in vergangen Jahren zu Spenden aufrief, etwa für Investitionen in ein neues TV-Studio. Elsäßer nannte konkrete Spendensummen in fünf- und sechsstelligen Höhen, die auf Sparkassenkonten eingegangen seien: insgesamt circa eine Million Euro sei so bereits zusammengekommen. Noch keine Parteispenden wohlbemerkt.
Elsäßer könne nicht nachvollziehen, weshalb die Sparkasse in seinem bewährten Geschäftsgebaren plötzlich eine Rufschädigung sehe, in den 13 Jahren zuvor hingegen nicht.
Elsäßer betonte, daß er von Anbeginn der Geschäftsbeziehung kein Geheimnis aus seinen politischen Ansichten gemacht habe, bereits in der ersten Ausgabe des COMPACT-Magazins hieß es: Thilo Sarrazin gut, Angela Merkel böse. Doch die politischen Inhalte der COMPACT-Publikationen wurden vor Gericht nicht beanstandet, die Pressefreiheit nicht in Frage gestellt. Die Sparkasse sieht ihren Ruf durch Parteispenden geschädigt. Aus Sicht der 8. Zivilkammer schützt Artikel 5 Grundgesetz nicht das Sammeln von Parteispenden.
COMPACT-Stammautor Martin Sellner habe COMPACT laut Elsäßer nach Eingang der Kündigungen beraten, ob COMPACT bei einer anderen Bank ein Konto erhalten könne. Laut Elsäßer seien Sellner 54 Konten in den letzten fünf Jahren gekündigt worden, inzwischen sei Sellner bei einer aserbaidschanischen Bank. Sellner war am 25.11.2023 Teilnehmer des 5. Düsseldorfer Forums von Gernot Mörig und Hans-Christian Limmer im Gästehaus am Lehnitzsee (Landhaus Adlon) von Martina Huss und Wilhelm Wilderink in Potsdam.
Sparkassen-Anwalt Schuster zitierte folgende weitere COMPACT-Spendenaufrufe:
- «Söder will Moskau angreifen wie Hitler»
- «Wir leben in der Diktatur»
- «Strafanzeige gegen Kriegsverbrecher Pistorius»,
die jeweils mit der Kontoverbindung der Sparkasse verbreitet worden seien.
Die Sparkasse habe keine Gesinnungskündigungen ausgesprochen, aber sie wolle nicht mit den martialischen Sprüchen der COMPACT-Spendenkampagnen in Verbindung gebracht werden, so Schuster.
Es bestehe keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Sparkasse gegenüber COMPACT für die Nutzung der drei Geschäftskonten für derlei Spendenkampagnen. Unternehmensgegenstand der COMPACT-Magazin GmbH ist die Herausgabe der Zeitschrift «Compact-Magazin», nicht das Sammeln von Spenden für den «Widerstand» und Unterstützung der AfD-Wahlkämpfe.
Der Vorsitzende Richter Steffen Raeck erörterte die Rechtsauffassung der Kammer, die der Argumentation der Sparkasse folge, daß AfD-Parteispenden für die Bank rufschädigend seien.
Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen hat im Namen seiner Mandantin COMPACT mit der Sparkasse einen Vergleich geschlossen, daß die ordentlichen Kündigungen der Konten zum 30. April wirksam werden (Aktenzeichen 8 O 90/24). Die Sparkasse verzichtet auf die geforderte Vertragsstrafe, die fristlose Kündigung und erlaubt COMPACT zudem, den Namen der Sparkasse sowie die Kontoverbindungen weiterhin, insbesondere auch in Verbindung mit Spendenaufrufen, zu veröffentlichen und bis zum 17. März sogar neu zu veröffentlichen. Der Gebührenstreitwert wurde auf 10.000 Euro festgesetzt. Ausweislich des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs trägt COMPACT die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu 70 % und die Sparkasse zu 30 %.
Letzterer Punkt war Elsäßer besonders wichtig, da die April-Printausgabe (Auflage: 40.000 Exemplare) sowie Flugblätter bereits gedruckt, mehrere Filme bereits vorproduziert seien.
Die 13 fetten Jahre bei der Sparkasse machten Elsäßer zum Medienmogul der rechten Szene. 2021 gründete er mit Mario Nieswandt und Martin Müller-Mertens die Conspect Film GmbH, deren Geschäftsführerin 2022 Stephanie Eckhardt wurde.
Die Einigung hat zur Folge, dass das Gericht seine Einschätzung der Rechtslage nicht begründen muss.
Das wäre den Richtern sicher auch schwer gefallen.
Allerdings wäre es unsinnig gewesen, sich weiter gegen die Kündigung zu wehren, nur damit die Richter eine unbegründbare Entscheidung begründen müssen.
Daran kann man erkennen, wie sehr das Rechtssystem von der Kompetenz der Richter abhängig ist und dass es kaum Aussichten gibt, falsche Entscheidungen zu korrigieren.
Die Sparkasse kann nur berechtigterweise kündigen, wenn sich Handlungen der Kunden gegen sie richten. Das ist bei den Spendenaufrufen offensichtlich nicht gegeben. Deshalb muss es egal sein, für wie problematisch die Bank diese Aufrufe hält. Sie hat damit nichts zu tun.
Aus der Ansicht des Gerichts kann man schließen, dass Banken eine Kontrollpflicht gegenüber ihren Kunden haben, dass diese ihre Konten nicht für zweifelhafte politische Aktivitäten nutzen. Für eine solche Kontrollpflicht müsste es aber wohl unbedingt eine gesetzliche Grundlage geben und so ein Gesetz wäre wohl verfassungsrechtlich problematisch.
Damit ist die Ansicht des Gerichts wohl sehr problematisch und wohl einer Art vorauseilendem Gehorsam der Richter geschuldet.
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