Nachlass von Werner Daum in Stendal ausgestellt

Published On: 21. Dezember 2025

Der Nachlass des Diplomaten und Gelehrten Werner Daum (1943 – 2025) umfasste nicht nur Tausende wertvolle Bücher, zum Teil Erstausgaben von unschätzbarem historischem Wert. Daum hatte nicht nur einen unstillbaren Wissensdurst und las bis in die tiefe Nacht in Originalausgaben aus dem Mittelalter und aus der Antike. Er war zu bescheiden, um mir die Frage zu beantworten, wie viele Sprache er sprechen und lesen könne. Neben seiner Muttersprache Deutsch und den wichtigsten europäischen Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, konnte er sich auch auf Fränkisch (er war in Nürnberg geboren) und auf Hessisch verständigen (in Frankfurt am Main war er als Rechtsanwalt einer renommierten Kanzlei tätig).

Fließend sprach und las Herr Daum auch Arabisch und verstand sogar mehrere Dialekte, die im Sudan gesprochen wurden. Daher konnte Daum auch den Übersetzer spielen für Leni Riefenstahl in den Nuba-Bergen. Es hat ihm vor allem eine heimliche Freunde dabei empfunden, wie er sich aus Begeisterung für die Kunst gegen die Weisung seines Dienstherren stellte. Der Außenminister in Berlin war strikt dagegen, daß Daum als deutsche Botschafter in Khartoum die umstrittene Riefenstahl empfing und betreute. Die gesamte Bundesregierung wollte Riefenstahl canceln, doch Daum half ihr trotzdem während ihrer Reise durch den Sudan. Und so konnte er auch bei den einfachen Leuten in den Bergen übersetzten.

Daum konnte auch alte semitische Schriften lesen, die er sich von Informanten aus dem vom Bürgerkrieg sschwer geslaten Jemen k0mmen ließ. Die Aufsätze, die er über die vorislamische Epoche auf der arabischen Halbinsel schrieb, sind einzigartig und senstationell. Seine Schriften versetzten die Fachwelt ins Staunen.

Daum hat von seinen vielen Reisen aus dem Jemen, aus Kuwait und aus dem Sudan kostbaren Schmuck mitgebracht. Aber hat auch Gemmen gesammelt. Diese historische Sammlung von kunstvoll geschnittenen Edel- oder Halbedelsteine (oder Muscheln/Glas) mit miniaturhaften, bildlichen Darstellungen, die seit der Antike als Schmuck, Siegel oder Talismane dienten, wurde einem erlauchten Kreis am 6. Dezember 2025 im Winckelmann-Museum präsentiert.

Die Preview der Ausstellung „Ein ungewöhnliches Erbe: Die Kunstsammlung des Sammlers, Gelehrten und Diplomaten Werner Daum“ fand ein begeistertes Echo unter den Besuchern, die aus ganz Deutschland nach Stendal gereist waren, um einen ersten Blick auf Daums Nachlass zu werfen.

Bei einem Abendessen im Anschluss an die Preview wurde Daum in den höchsten Tönen gelobt für seinen treffsicheren Geschmack, für sein scharfsinniges Urteilsvermögen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die schönsten Gemmen und kunstvoll verarbeiten Schumuck us dem Orient auszuwählen.

Dieser Sinn für Ästhetik, für den guten Geschmack und der Blick für das Besondere, das machte Werner Daum einzigartig. Seine Schriften, Bücher und seltene Sammlerstücke dürfen ab dem 1. Februar 2026 bestaunt werden im Winckelmann-Museum, das im Rahmen der Kunstsammlung auch mehrere Videos zeigt, die ich mit Daum gedreht habe.

Anläßlich der Aussteloungseröffung durfte ich einige persönliche Worte über Daum an die Besucher der Ausstellung richten. Ich erzählt von einigen Erlebnissen während der gemeinsamen Reisen. Wie wir auf dem Weg nach Khartoum bei einem syrischen Friseur in er Türkei waren und wie sich Herr Daum fast eine Stunde lange auf Arabisch mit dem Friseur unterhielt. Der meinte zum Abschied: „Sie sprechen besser Arabisch als ich.“ Und er wollte kein Geld nehmen für die Haarschnitte, weil er so glücklich war über das Gespräch mit Werner Daum. „Ihre Geschichten, die Sie mir heute in meinem Salon erzählt haben, sind mir Bezahlung genug. Ich akzeptiere kein Geld von Ihnen“, sagte der überglückliche Barbier.

Wo immer ich Werner Daum begleiten durfte, ob beim Empfang mit dem Geheimdienstchef oder beim Tee mit einem einheimischen Ausgrabungshelfer auf dem staubigen Boden eines Jahrtausende Jahre alten Tempels in der Wüste: Daum war immer höflich und zuvorkommend, begegnete jedem Menschen auf Augenhöhe und war ein ebenso guter Zuhörer wie Geschichtenerzähler. Er trug auch noch bei 50 Grad im Sandsturm einen Anzug auf dem Weg zu einer Rede in der Universität von Khartoum. Als ich ihn fragte, wieso er sich das antue, entgegnete er: „Ohne Krawatte geht man nicht aus dem Haus.“

Es war diese Mischung aus einem Rechtsanwalt, Diplomaten, Sprachgenie, Kunstsammlers, Historikers und Universalgelehrten, die Daum so einzigartig machte. Und er bewies bissigen Humor nicht nur im Plausch mit dem Geheimdienstchef, sondern auch in der Diskussion mit dem Taxifahrer auf den stundenlangen Fahrten durch die Wüste, weil er sich die wichtigsten archäologischen Stätten persönlich anschauen wollte. Und die Archäologen von Weltrang, die er bei ihren Ausgrabungen besuchte, nahmen sich viel Zeit für ihn, weil sie viel von ihm lernten, obwohl er kein Archäologe war.

Ich bin Professor Dr. Max Kunze, dem Vorsitzenden des Museumsvorstands der Winckelmann-Gesellschaft e.V. sehr dankbar, daß er sich dem Nachlas von Werner Daum verpflichtet fühlt und mit größter Einsatzbereitschaft und Hingabe die besten Stücke aus Daums Sammlung in Stendal präsentiert. Allen Mitarbeitern, Helfern und an dieser Kunstausstellung im Winckelmann-Museum Beteiligten gilt meine hohe Anerkennung für die Mühen und Risiken, die sie mit diesem Erbe auf sich genommen haben.

Daher war es mir eine große Freude bei der Preview zu sprechen und meine Filme zu zeigen, denn diese Aufgabe hat jede erdenkliche Unterstützung verdient.

Die Fotos, die ich in Stendal gezeigt habe, können Sie sich in meinem Internet-Archiv anschauen: https://www.flickr.com/photos/lejeunemartin/albums/72177720330745207

Und die Videos, die im Winckelmann-Museum gezeigt werden, können Sie sich in aller Ruhe auf YouTube anschauen: https://www.youtube.com/playlist?list=PLnF-RxTEG09JADJXhBZWsqmtgzmosaofy

Einen Nachruf auf Werner Daum habe ich auf meinem Blog veröffentlicht: https://www.martinlejeune.de/forscher-brueckenbauer-volksheld-nachruf-auf-werner-daum/

Und natürlich versuche ich auch, am 1. Februar bei der offiziellen Vernissage in Stendal dabei zu sein. Und die Zeit bis dahin können Sie überbrücken mit einem Besuch der Lesung von alten wiederentdeckten jemenitische Märchen, gesammelt, übersetzt und aufgeschrieben von Werner Daum während seiner Zeit als Diplomat im Jemen (vor allem 1983). Am 17.12.2025 von 15:30 Uhr bis 17:00 Uhr lesen Dr. Eva Hofstetter und Jutta Kunze bei Tee und kleinen arabischen Köstlichkeiten die jemenitischen Märchen in der Sammlung „Märchen aus dem Jemen: Mythen und Märchen aus dem Reich von Saba“ von Werner Daum.

Das Buch ist übrigens auch in der Ausstellung zu sehen. Die darin gesammelten Märchen „spiegeln die reiche arabische Erzähltradition wider. Sie behandeln universelle menschliche Themen, die sich in Märchen weltweit finden: Es geht um elementare menschliche Erfahrungen, wie den Kampf zwischen Gut und Böse, das Überwinden von Widrigkeiten und die Suche nach Glück.

Auf der anderen Seite sind die Geschichten tief in der jemenitischen Kultur verwurzelt. Sie enthalten Verweise auf das historische Reich von Saba oder auf lokale Gegebenheiten, wie Wadis (Trockentäler) und handeln von weisen Scheichs, tapferen Söhnen, falschen Freunden und übernatürlichen Wesen wie den ‚Garguf'“, so heißt es in der Ankündigung des Winckelmann-Museum, dessen ständige Ausstellung allein schon einen Besuch lohnt.

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