Reuß-Putsch: Richterin am Landgericht und KSK-Offiziere verhaftet

Published On: 14. Dezember 2022

Der Generalbundesanwalt (GBA) beim Bundesgerichtshof (BGH) Dr. Peter Frank verhaftete die Richterin am Landgericht Dr. iur. Birgit Malsack-Winkemann (AfD). Sie habe sich mutmaßlich beteiligt am Putschversuch gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der «hingerichtet» werden solle (Berliner Zeitung). Nach dem Sturz der Bundesregierung wolle sie Justizministerin und den amtierenden Justizminister Dr. iur. Marco Buschmann (FDP) absetzen.

Daß unter den Beschuldigten eine ehemalige AfD-Abgeordnete des Deutschen Bundestages sei, «ist natürlich ein sehr bemerkenswerter und sehr schlimmer Vorfall», kommentierte Bundeskanzler Scholz am 08.12.2022, und betonte, «daß wir einen wehrhaften Staat haben, eine wehrhafte Demokratie sind, die solche Rechtsverletzungen und solche Planungen mit ihren Sicherheitsbehörden durchkreuzen kann und mit aller Kraft das zurückweisen kann.
Wir sind eine wehrhafte Demokratie, getragen von uns allen […] Wer einen gewaltsamen Umsturz plant, muß mit uns rechnen.»

Die AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel teilten zu Malsack-Winkemann mit: «Von dem Fall haben wir heute, wie die meisten Bürger auch, erst aus den Medien erfahren. Wir verurteilen solche Bestrebungen und lehnen diese nachdrücklich ab. Wir haben vollstes Vertrauen in die beteiligten Behörden.»

Die Richterin am Kammergericht Julia Önel sagte wenige Stunden nach der Verhaftung von Dr. Malsack-Winkemann: «Die Richterin war bis heute Beisitzerin der Zivilkammer 19a des Landgerichts Berlin. Aufgrund einer Eilverfügung des Präsidenten des Landgerichts vom heutigen Tage ist der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts dahingehend geändert worden, daß die Richterin aus der Kammer 19a ausscheidet.» Aus der Zivilkammer 12 schied Dr. Malsack-Winkemann bereits zuvor aus.

Am 13.10.2022 urteilte das Richterdienstgericht des Landes Berlin, daß die Richterin nicht in den Ruhestand versetzt werden dürfe, wie es die Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin am 24.05.2022 beantragte (DG 1/22). Da pfiffen es die Spatzen bereits von den Dächern, daß gegen die Richterin strafrechtlich ermittelt werde.

Dr. Malsack-Winkemann war nicht nur bis 2021 Mitglied der AfD-Fraktion im Bundestag. Seit dem 13. AfD-Bundesparteitag am 17.06.2022 ist sie Beisitzerin der 2. Kammer des AfD-Bundesschiedsgerichtes.

Christian Wendler, bis zum 16.10.2020 für die AfD Stadtrat in Olbernhau, wurde ebenfalls festgenommen. Wendler war bis zum 29.04.2022 Mitglied der Olbernhauer Schützengesellschaft e. V.

Ein weiteres AfD-Mitglied ist unter den Verhafteten: Ruth Hildegard Leiding. Die AfD-Fraktion
im Hessischen Landtag teilt zu ihr mit, sie habe «bei ihrem Aufnahmeprozess sowohl eine Mitgliedschaft bei Reichsbürgern als auch eine inhaltliche Nähe zu den Reichsbürgern verschwiegen. Der Antrag auf Mitgliedschaft datiert aus dem Frühjahr 2018. Die Reichsbürger stehen auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD, daher wurde ihre Mitgliedschaft am Samstagmittag, also am 10. Dezember 2022, nachdem dem Landesvorstand der Vorgang am Freitagabend bekannt wurde, annulliert. Sie wurde damit aus Sicht der AfD nie rechtswirksam in die Partei aufgenommen. Bei der AfD werden mit Interessenten Aufnahmegespräche geführt und es werden explizit abgefragt, ob eine Nähe zu extremistischen Gruppierungen besteht.»

Unter den Verhafteten befindet sich mit Frank Richter auch jemand, der für die CDU im Stadtrat saß.

Dr. Malsack-Winkemann beherbergte im August 2021 Oberst Maximilian Eder, den früheren Kommandeur des Mechanisierten Panzergrenadierbataillons 112 in Regen.

Oberst Eder, der einst Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) während seines Besuches im KFOR-Einsatzgebiet begleitete, wurde im Hotel Tevere in Perugia verhaftet.

Oberstleutnant Rüdiger von Pescatore, bis Juli 1996 Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons 251 in Calw, wurde ebenfalls festgenommen. 1996 wurde das Bataillon aufgelöst, Teile in das Kommando Spezialkräfte (KSK) übernommen, das von Oberst Eder aufgebaut und geleitet wurde.

Leutnant Peter Wörner, der unter Oberstleutnant von Pescatore im Fallschirmjägerbataillon 251 in Calw gedient habe, ist ebenfalls gefangen genommen worden.

Stabsfeldwebel Andreas Meyer wurde ebenfalls verhaftet. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagt über ihn: «Der aktive Soldat ist Angehöriger des Kommandos Spezialkräfte. Bei dem Beschuldigten handelt es sich nicht um einen Kommandosoldaten. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) war im Vorfeld in die Ermittlungen des GBA eingebunden und hat seine Erkenntnisse im Verfassungsschutzverbund und mit dem Bundeskriminalamt geteilt.»

Die mutmaßlichen Putschisten sollen allein in Baden-Württemberg die Kasernen in Calw, Ulm, Laupheim und Niederstetten ausgespäht haben.

Kriminalhauptkommissar (KHK) Michael Fritsch gehört auch zu den Verhafteten. Ein Sprecher der Polizeidirektion Hannover sagt, KHK Fritsch sei: «seit August 2020 vom Dienst suspendiert, außerdem läuft gegen ihn seit längerer Zeit ein Dienstenthebungsverfahren. Bereits am 28.04.2022 entschied das Verwaltungsgericht Hannover erstinstanzlich, daß der Beamte sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat und aus dem Dienst zu entfernen ist. Dagegen hat der Beklagte zwischenzeitlich Rechtsmittel beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt. Eine bestätigende Entscheidung ist für das kommende Jahr zu erwarten.

Der Beamte ist Angehöriger der Polizeidirektion Hannover und war dort zuletzt im Bereich der Prävention tätig. In dieser Verwendung beriet er diverse Personen und Institutionen u.a. zu Möglichkeiten der technischen Prävention gegen Einbruchsschutz. Es ist richtig, daß entsprechende Beratungen auch bei der Liberalen Jüdischen Gemeinde erfolgten. Die Sicherheitskonzepte wurden nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Beamten durch das Landeskriminalamt Niedersachsen einer erneuten Prüfung unterzogen.»

KHK Fritsch sei laut Polizeihauptkommissar Bernd Bayerlein «bis Mitte diesen Jahres» aktiv gewesen bei dem Polizisten für Aufklärung e. V. Zudem war er bei der Bundestagswahl 2021 der Spitzenkandidat des Landesverbandes Niedersachsen der Partei dieBasis. Dieser teilte am 08.12.2022 mit: «Aufgrund der erschreckenden Erkenntnisse, welche am gestrigen Tag zur Verhaftung einiger Personen aus dem sog. Reichsbürger-Spektrum führten, möchten wir als Landesverband Niedersachsen der Basisdemokratischen Partei Deutschlands mitteilen: Wir verurteilen jedweden Versuch politische Veränderung durch Straftaten herbeizuführen, sowie grundsätzlich jegliche Form von Gewalt. Wir möchten betonen, daß keine der verhafteten Personen Mitglied in der Basisdemokratischen Partei Deutschlands ist. Derartiges Verhalten ist gegen unsere Satzung und hat bei uns keinen Platz. Wir stehen für offene Debattenräume, kritisches Denken, Fairness und Miteinander.»

Mit Johanna Elisabeth Findeisen-Juskowiak gab es eine weitere Razzia bei einer Funktionärin der Partei dieBasis. Deren Landesverband Baden-Württemberg teilt mit, sie habe sich «durchgängig als überzeugte Demokratin gezeigt, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes und unserer oben genannten Werte steht und der die aktuellen Verletzungen Grundgesetzlicher Grundrechte und des Nürnberger Kodex eine starke Motivation geben zum politischen Engagement. Verfassungsfeindliche oder extremistische Überzeugungen haben wir kein einziges Mal von ihr gehört.

Daß in Medienberichten ihr Name im Zusammenhang mit einer so genannten ‹Reichsbürger-Szene› und sonstigen extremistischen oder verfassungsfeindlichen Bestrebungen aufgeführt wird ist in unseren Augen eine grobe Falschdarstellung ihrer tatsächlichen Überzeugungen und eine wahrheitswidrige Darstellung Ihrer Handlungen. Die Art der Berichterstattung sollte eine angemessene Richtigstellung und Entschuldigung nach sich ziehen. Bis zum Beweis des Gegenteils können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß im Fall Johanna Findeisen das Produzieren negativer und die betroffene Person schädigender Schlagzeilen das eigentliche Ziel der Hausdurchsuchung war.»

Dr. med. Melanie Ritter, die Freundin von KHK Fritsch, ist ebenfalls unter den Verhafteten. Sie habe die mutmaßlichen Terroristen mit knapp 30.000 Euro finanziert.

Ein weiterer Polizeivollzugsbeamter des Landeskriminalamtes Niedersachsen steht im Fokus der Ermittler der Operation Schatten. Das Führen der Dienstgeschäfte seien dem Staatsschutzbeamten, der für Rechtsextremismus zuständig sei, untersagt worden. Sein Name ist nicht öffentlich bekannt.

Dipl.-Ing. Heinrich XIII. Prinz Reuß alias Enrico, Geschäftsführer u. a. der Gruft des Heinrich Posthumus Reuß gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und der BBL-Bauberatungs- und Baubetreuungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, sowie seine Lebensgefährtin, die Russin Vitalia B., werden ebenfalls beschuldigt, Mitglieder und Unterstützer der terroristischen Vereinigung zu sein.

Prinz Reuß war zugegen, als Bürgermeister Thomas Weigelt den OTZ-Journalisten Peter Hagen auf dem Markt von Bad Lobenstein angegriffen haben soll. In Gegenwart von Uwe Thrum, Abgeordneter der AfD-Fraktion und Mitglied des 7. Thüringer Landtages.

Nach Angaben eines Sprechers des Bundesministeriums des Inneren beteiligten sich am 07.12.2022 an den Maßnahmen der Operation Schatten 850 Beamte des Bundeskriminalamtes, 460 der Bundespolizei und 160 der Spezialkräfte.

BKA-Präsident Holger Münch sprach am 07.12.2022 von 54 Beschuldigten und mehr als 150 Durchsuchungen.

In Pfinztal sprengte das SEK am frühen Morgen des 7. Dezember eine falsche Wohnungstür und traumatisierte eine syrische Flüchtlingsfamilie, deren Mitglieder ein Angebot psychologischer Betreuung erhalten haben. Das BKA könne aus ermittlungs- bzw. einsatztaktischen Gründen keine Auskunft geben, wie es zur Sprengung der falschen Türe gekommen sei.

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