«Sucharit Bhakdi hat mein Leben gerettet»

Published On: 23. Mai 2023

Das kleine Amtsgericht in Plön steht Kopf, weil Sucharit Bhakdi wegen Volksverhetzung angeklagt ist. Über 350 seiner Anhänger versammeln sich vor dem Eingang des Gebäudes und bereiten der Ikone der Querdenken-Bewegung auch bei Regen und Sturm einen warmen Empfang.

Plön, traumhaft gelegen im Herzen der Holsteinischen Schweiz, ist für sein Schloß, die Prinzeninsel und einen großen See bekannt, aber nicht für sein am Stadtrand gelegenes Amtsgericht.

Der Gerichtsplatz ist seit dem Morgengrauen prall gefüllt. Viele stehen schon seit 6 Uhr morgens in der langen Schlange vor dem Eingang, obwohl es regnet und stürmt. Kein Dach über dem Kopf, das schützt, daher habe einige Wartende ihre Demoerprobten Regenschirme aufgespannt, auf denen Botschaften stehen wie «Querdenken», «Ungeimpft» und «Freiheit».

Die extra für heute nach Plön verlegte Mobile Einsatzgruppe, eine Spezialeinheit der Justizvollzugsbeamten, und etwa 50 Polizeibeamte der Polizeidirektion Kiel sichern das Gerichtsgebäude. Die Menschen in der Schlange drücken gewaltig gegen die (sich nach Außen öffnende) Tür und begehren Einlass. Polizeioberrat Martins, der Einsatzleiter der Landespolizei Schleswig-Holstein ruft: «Nehmen Sie den Druck von der Tür! Weichen Sie zurück vom Eingang! Ansonsten kommt hier niemand mehr ein!» Polizeioberrat Martins sagt, daß sei ein ungewöhnlicher starker Zulauf für eine Gerichtsverhandlung. Ein Justizangestellter sagt: «sowas hab ich hier noch nie erlebt.» Ein Polizeisprecher sagte, daß sich in der Spitze über 350 Personen versammelt haben.

Als Sucharit Bhakdi mit dem Fahrrad in der Einfahrt zum Gerichtsgebäude gesichtet wird, beginnt die Masse zu applaudieren und zu johlen wie man es von Auftritten umjubelter Popstars kennt. Bhakd wird gefeiert wird wie ein heldenhafter Gladiator auf dem Wege in den Ring.

Auf den Plakaten, Schildern und Transparenten steht «Freispurch für Prof. Dr. Bhakdi», «Großer Dank an Prof. Dr. Sucharit Bhakdi!», «Politische Justiz», «Sucharit, unser Freund, unser Glück. Wir stehen an Deiner Seite», «I stand with Sucharit», «Ju suis Sucharit» oder «Free Bhakdi».

Die Menge ruft immer wieder im Chor: «Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung!»

Plön ist heute Welthauptstadt der Querdenker und Bhakdi ihr Heiliger. Es grenzt tatsächlich beinahe an Heiligenverehrung, wie ihm seine Anhänger sogar in jeder kleinsten Prozeßpause von unten aus zujubeln. Bhakdi steht an einem der Fenster des Gerichtssaals und winkt seinen unten auf dem Platz stehenden Anhängern zu, als grüße der Papst aus seiner Loggia am Petersdom. Die Anhäger rufen begeistert «Für die Freiheit!». So laut, das Justiz- und Polizeibeamte für Ruhe sorgen müssen, denn alle anderen Prozesse werden durch die Rufer gestört.

Ein einsamer Gegendemonstrant sitzt mit Regenschirm auf einem Campingstuhl. Hinter ihm im Gebüsch ein Schild mit der Aufschrift: «Bhakdi predigt ‹Great Reset›, seine Jünger finden’s nett!»

Als Bhakdi sein Bad in der Menge genießt, faltet eine Frau vor ihm ihre Hände. Lars Wienand schreibt auf Twitter: «Sie beten ihn an.» Auf den Shitstorm der Bhakdi-«Jünger», die ihren «Guru» auf Twitter verteidigen, ergänzt Wienand: «Die ganze Show ist Anbetung und hat Sektencharakter, die Geste der zwei Damen in Richtung ihres Messias hat das nur beispielhaft gezeigt.»

Bhakdi erzählt, daß er bis heute über 8.000 Briefe erhalten habe, die er in zehn Kisten in seinem Haus sammelt. Auch Gemälde und zahlreiche weitere Geschenke erhält er.

Bhakdi hat drei Verteidiger: Prof. Dr. Martin Schwab, Lehrstuhl-Inhaber an der juristischen Fakultät der Universität Bielefeld, Tobias Weissenborn aus der Kanzlei von Dr. Reiner Fuehlmich und Sven Lausen, der noch seinen Bruder mitgebracht hat. Die Anklage vertritt Oberstaatsanwältin Silke Füssinger, Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein in Schleswig. Der Vorsitzende Richter ist Dr. Malte Grundmann.

Neben Karina Reiss steht eine junge Englisch sprechende Frau mit rosafarbener Bluse: Taylor Hudak, Autorin des Online-Portals «The Last American Vagabond», das regelmäßig Bhakdi huldigt. Hudak ist extra für den Prozeß aus der Schweiz angereist.

Die Anklage beschuldigt Bhakdi zu Haß gegen Juden angestiftet und sie verächtlich gemacht zu haben in einem Video mit Kai Stuht, der gesondert strafrechtlich verfolgt wird. In dem Video seiten Juden generalisierend als böse bezeichnet worden, um bei einem unbefangen durchschnittlich verständigen Empfänger eine Verachtung der Juden zu erreichen, klagt die Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft an.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung der Querdenker-Partei «dieBasis» in Kiel soll Bhakdi zudem am 24.09.2021 vor etwa 200 Personden über das «Endziel…eines zweiten Holocaust» gesprochen haben. Die Anklage sagt, Maßnahmen gegen Corona seien nicht vergleichbar mit Verfolgung und Vernichtung der Juden in der NS-Zeit, dem Morden in den Konzentrationslagern, dem systematisch durchgeführten Völkermord an den Juden. Bhakdi habe mit seinen Äußerungen für ein Klima der Angst unter Juden gesorgt und auf Impfgegner emotionalisierend gewirkt. Zudem monierte die Oberstaatsanwältin die Gleichsetzung von Impfgegnern mit Widerstandskämpfern und daß Bhakdi den Eindruck erweckt habe, daß Gewalt ein geeignetes Mittel sei.

Bhadki folgt der Verlesung der Anklage lächelnd, schaut manchmal in die Zuschauerreihen. Er äußert sich nicht vor dem Richter zu den Vorwürfen, kündigt aber in einer Verhandlungspause eine Pressekonferenz für 16 Uhr an und wirbt für seine Memoiren, die er gerade fertig geschrieben habe.

Als der Vorsitzende ihn nach seinen Einkünften fragt, entgegen Bhakdi bescheiden: «Viel weniger als die meisten denken. Ich sage nicht, wie wenig. Denn ich möchte kein Mitleid erregen.»

Als auch während der nächsten Unterbrechungen immer wieder von draußen Schlachtrufe der Bhakdi-Fans ertönen, ist es sogar Martin Schwab zu viel und er ruft durch ein Fenster hinunter: «Wir sind hier nicht auf dem Sportplatz!»

Die Staatsanwaltschaft fordert 180 Tagessätze je 90 Euro, doch der Richter spricht Bhakdi frei. Seine Rechtsauffassung hatte der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten bereits in einem richterlichen Hinweis zu Beginn des Hauptverhandlungstermin mitgeteilt.

Vor dem Gerichtsgebäude sagen seine Anhänger über Bhakdi: «Er hat mein Leben gerettet» und «Er ist der Arzt unseres Vertrauens»:

One Comment

  1. enttäuschtes wesen 23. Mai 2023 at 19:44 - Reply

    Du widerlicher Hetzer. Die Leute haben übrigens hauptsächlich DANKE DANKE DANKE skandiert. Und die Frau hat die Hände nicht zum Gebet gefaltet sondern sie hat sie aneinandergelegt und ein Namaste angedeutet. Einen Gruß, den er als Thailänder kennt. Die meisten Asiaten grüßen so (auch wenn es nicht überall Namaste bedeutet). Die Seiten wechseln, und dann Häme triefen lassen. Naja, Karma kümmert sich drum, das gestaltest Du Dir alles selbst. Wie kann man so fies sein, wenn man die Leute, so wie Du als Querdenker-Reporter der ersten Stunde, bevor Du die Seiten gewechselt hast, als wirklich aufrichtige Menschenfreunde kennengelernt hat. Wie gesagt: google mal „Karma“.

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